Zitat aus: Das Naturgartenhandbuch für Praktiker von A. Winkler und H. C. Salzmann 1989
«Nicht jedermann wird sofort und in aller Konsequenz einen Naturgarten einrichten wollen. Das ist verständlich: Wer kann schon seine Ansichten, sein Empfinden für Sauberkeit und Ordnung so einfach über Bord werfen? Doch was heisst Ordnung? Sind unsere Gärten ordentlich, wenn sie aufgeräumt, sauber geputzt und schädlingsfrei sind? Verstecken sich hinter dieser vordergründigen Ordnung nicht eher eine Unordnung? Wenn wir die Teile einer Maschine sauber geputzt nebeneinander legen, so ist das auch ordentlich. Doch es genügt uns nicht: Von der Maschine verlangen wir die gleiche Ordnung, die wir auch in unseren Gärten verwirklichen müssen: eine funktionierende Ordnung, in der alle Teile sinnvoll ineinandergreifen. Das heisst: Wirklich in Ordnung sind unsere Gärten erst, wenn die Natur darin ‹funktioniert›, die Kreisläufe geschlossen sind, Boden und Luft nicht verschmutzt werden. Wir verabschieden uns deshalb von der Unordnung herkömmlicher Gärten und führen schrittweise eine neue, wirkliche Ordnung ein – angefangen vom biologischen Gemüsebau bis hin zum Naturgarten.»
Was zeichnet einen Naturgarten aus?
In naturnahen Gemüse- und Ziergärten stehen die einzelnen Pflanzen im Zentrum. Sie werden biologisch gepflegt, gejätet, aufgebunden – so, dass das gewünschte Bild erhalten bleibt oder eine gute Ernte resultiert. Einheimische Pflanzen sind nur selten anzutreffen. Es herrscht immer noch ein grosses Mass an Unordnung.
Im Naturgarten streben wir eine Lebensgemeinschaft von Tieren, Pflanzen und Menschen an. Es stehen nicht mehr die einzelnen Pflanzen im Vordergrund, sondern die lebendige Vielfalt. Jedes Element, jede Strucktur wird als Lebensraum verstanden. Es finden sich vor allem einheimische Pflanzen und natürliche Baustoffe. So entsteht an jedem Ort mit den verschiedenen Standortvoraussetzungen und den verschiedenen Vorstellungen und Bedürfnissen der Menschen ein anderes Bild, eine andere Vielfalt. Dafür gibt es kein Rezept. Wir beobachten, lenken, begleiten Entwicklungen und freuen uns an der Dynamik, welche sich einstellt. Es wird nicht möglich sein eine bestimmte, jahrhunderte alte Trockenwiese in einem Garten nachzubilden, da fehlen die Voraussetzungen und die Zeit. Es ist aber immer möglich einer Vielzahl an Pflanzen, Insekten und anderen Tieren einen wohlgestalteten, naturnahen Lebensraum zu bieten. Damit tragen wir wesentlich zur Erhaltung einer hohen Biodiversität bei, schonen Ressourcen und verschmutzen die Umwelt nicht. In einem naturnah gestalteten Garten fühlen wir Menschen uns sehr wohl. Naturgarten macht schön.
Simon Bolz